Areas Of Research

 


Areas of research

Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit zwei Hauptthemen: asynchronen Schaltwerksverbünden und Containerumschlagbahnhöfen. Gemeinsamer Nenner sind nebenläufige diskrete Prozesse und deren Modellierung durch Petrinetze.
 

1. Asynchrone Schaltwerksverbünde

Wegen ihrer hohen, der jeweiligen Situation angepaßten Reaktionsgeschwindigkeit, der potentiell geringen Ruheverlustleistung und der Freiheit von Taktversatzproblemen genießen asynchrone Systeme weltweit besondere Aufmerksamkeit. Englische und amerikanische Forschungsgruppen haben bereits asynchrone Rechner entwickelt, und eine bekannte amerikanische Firma richtet eine F & E-Gruppe ein, die sich u.a. mit dem Entwurf asynchroner Systeme befassen soll; deutsche Firmen warten noch ab. In diesem Umfeld sind die Untersuchungen der Arbeitsgruppe angesiedelt.

1.1 Modellierung

Das Schnittstellen-Sollverhalten asynchroner Schaltwerksverbünde wurde empirisch erfaßt und klassifziert. Dabei entpuppte sich das bisherige, auf halbgeordneten Signalflanken-Ereignismengen beruhende Kausalprozeßmodell als zu ungenau. Es mußte erst um weitere kausale und zeitliche Aspekte ergänzt werden, ehe sich damit asynchrones Verhalten ohne Abstriche präzise aus zeitlich-kausaler Sicht direkt spezifieren ließ. Die Schlüsselrolle spielen hier die "einseitige Unabhängigkeitsbeziehung" ("vor oder mit") sowie der Umschlag der zeitlichen Reihenfolge kausal unabhängiger Ereignisse in die Ursache des weiteren Verhaltens. Damit gelang es erstmals, im selben Modell kritisches Wettlaufverhalten zeitlich und kausal korrekt darzustellen. Dies trifft nicht nur auf die von indeterminierten Arbitern her bekannten symmetrischen Wettläufe zu, sondern auch für die asymmetrischen, z.B. zwischen den Flanken eines pegel- und eines flankenrelevanten Signals. Ferner läßt sich auch Arbiterverhalten spezifizieren (und realisieren), das bei gleichzeitig eintreffenden Anforderungen mit einer determinierten Reaktion antwortet.

Aufgrund der präzisen direkten Darstellung wurde geprüft, ob sich frei von formalen Zwängen ein indirektes Verhaltensmodell (ein generatives Schema) für die erweiterten Kausalprozesse bilden läßt. Es zeigte sich, daß die bestehenden Signalflankengraphen auf der Basis von Petrinetzen hierzu um besondere Inhibitorkanten (alternativ: "echte" Lesekanten) zur Spezifi-kation der einseitigen Unabhängigkeitsbeziehungen erweitert werden mußten. - Das Promotionsverfahren über diese Arbeiten wurde im Dezember 1996 eröffnet.

1.2 Dekomposition

Für die meisten Aufgabenstellungen ist die angemessene Lösung ein Schaltwerksverbund, bei dem jede Komponente für einen von mehreren, zueinander nebenläufigen Teilprozessen zuständig ist. Zugleich dient die Aufteilung der Komplexitätsbewältigung. Zum systematischen Entwurf solcher Schaltwerksverbünde konnte eine formal validierbare Dekompositionsmethode auf der Grundlage formaler Automaten und Sprachen erarbeitet werden. Diese erlaubt es, die Verhaltensspezifikationen der vorgesehenen Komponenten systematisch aus der Spezifikation der Gesamtaufgabe abzuleiten, und zwar so, daß die Tauglichkeit des Verbundes zur Lösung der Gesamtaufgabe gewährleistet wird: Richtigkeit durch Konstruktion. Die zum Nachweis angestellten Betrachtungen zur formalen Verifikation sind auch in anderem Kontext sinnvoll einsetzbar. Die Ergebnisse sind Gegenstand eines im SS 1997 abzuschließenden Promotionsvorhabens.

1.3 Entwurf hasardarmer Schaltnetze

Bisher mußte man annehmen, daß sog. Funktionshasards in unvermeidbarer Weise den sicheren Betrieb asynchroner Schaltwerke erschweren. Erkennt man jedoch, daß äußere Verzögerungsdifferenzen (bei unkritischen Eingabewettläufen) ebenso wirken wie innere (durch unterschiedliche Pfadverzögerungen verursachte), läßt sich zeigen, daß Schaltwerke für Funktionshasardfehler unempfindlich entworfen werden können, falls eine leicht erfüllbare Verzögerungsbedingung eingehalten wird. Hierauf fußend wurde ein neuartiges Verfahren zur Konstruktion strukturhasardfreier Überführungsschaltnetze entwickelt, das sich dadurch auszeichnet, daß hinreichende Kubenüberdeckungen direkt aus dem codierten Automaten ermit-telt werden. Hierzu muß man allerdings die Gestaltung der Zustandsübergänge und die Eingabewettläufe schon bei Zustandsreduktion und -codierung mitberücksichtigen: eine Erweiterung der klassischen Vorgehensweisen. Die prozeßorientierte Sichtweise, die dem gesamten Entwurfsverfahren zugrundeliegt, verhilft hier zu einem Brückenschlag zwischen Automatenentwurf und Konstruktion hasardfreier Schaltnetze.

1.4 Weitere Untersuchungen

Begleitend zu den theoretischen Arbeiten wurden auch experimentelle Untersuchungen weitergeführt. Der im vorigen Berichtszeitraum entworfene, parallel strukturierte asynchrone Pufferspeicher (FIFO) wurde im Rahmen von Eurochips als Standardzellenbaustein realisiert. Messungen bestätigten die damaligen Simulationsergebnisse zum Durchsatz und zur Latenz-zeit neu eingespeicherter Daten.

Angeregt durch einen Konferenzbeitrag kam es zu einer Zusammenarbeit mit Dr. Genrich (GMD) über einen von ihm vorgeschlagenen, kaskadierbaren, „zurückweisenden" Arbiter. Dieser wurde mit unseren Verfahren nachspezifiziert, dekomponiert und als symmetrischer asynchroner Verbund entworfen. Anschließend wurde die Schaltung mit dem von Dr. Genrich dankenswerterweise zur Verfügung gestellten Werkzeug Design/CPN gegen sein Funktionalmodell verifiziert und auf transientes Fehlverhalten untersucht, mit dem Ergebnis, daß der systematisch entworfene Arbiter unter sehr leicht einzuhaltenden Zeitbedingungen fehlerfrei arbeitet.

Auch die eigenen Entwurfswerkzeuge wurden verbessert und erweitert, u.a. um eine selbst entwickelte Benutzerschnittstelle zur Eingabe von Sollverhaltens-Spezifikationen mit Petrinetzen.

Ebenfalls untersucht wurde in Zusammenarbeit mit dem ZMK die Modellierungsmächtigkeit von VHDL für den Entwurf getakteter Schaltwerke, insbesondere Steuerwerke. Es wurden Unzulänglichkeiten sowohl bei der adäquaten Modellierung von Steuerabläufen als auch bei der anschließenden Synthese festgestellt. Sie bewirken, daß die resultierenden Schaltwerke erheblich komplizierter und aufwendiger als nötig geraten.
 

2.  Simulation der Abläufe in Container-Umschlagbahnhöfen

In einem DFG-geförderten Fortsetzungsprojekt wird zusammen mit dem Lehrstuhl Informatik im Maschinenbau der RWTH Aachen (Prof. Dr. Henning) eine Methodik zur Simulation vernetzter soziotechnischer Systeme am Beispiel von Umschlagbahnhöfen des kombinierten Verkehrs Schiene - Straße weiterentwickelt. Ziel ist ein Planungsinstrument zur Verbesserung der Abläufe und damit zur Erhöhung der Attraktivität und Senkung der Kosten.
Während im Vorgängerprojekt nur der eigentliche Umschlagbetrieb modelliert und simuliert wurde, werden nunmehr auch die benachbarten Glieder der Transportkette mit einbezogen. Als gemeinsame Grundlage wird ein objektorientiertes Gesamtmodell entwickelt. Als Ausgangsbasis diente die im Vorgängerprojekt entwickelte methodische Kombination der sog. Human Integrated Simulation (HIS, Aachen) mit der rechnergestützten Petrinetz-Simulation (PNS, AG Digitaltechnik). Anders als bisher sollen die beiden Methoden nicht mehr auf denselben Gegenstand, sondern entsprechend ihren Stärken auf die jeweils geeigneten Systembereiche angewendet werden. Für HIS, erweitert um Methoden des Computer Supported Cooperative Work, ist dies das Zusammenspiel der Disponenten im Container-Terminal mit den Speditionsagenturen; für die PNS, die dafür objektorientierte Petrinetze (Werkzeug: ExSpect) einsetzt, sind es der Umschlag- und der Rangierbereich. Damit soll die Abstimmung zwischen Anlagen- und Güterbahnbetrieb untersucht werden.